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10.8. Werkzeuge für die Netzwerk-Diagnose

Wenn eine Netzwerkanwendung nicht erwartungsgemäß läuft, ist es wichtig, unter die Haube schauen zu können. Selbst wenn alles reibungslos zu laufen scheint, kann das Durchführen einer Netzwerk-Diagnose dabei helfen sicherzustellen, dass alles wie vorgesehen funktioniert. Zu diesem Zweck gibt es verschiedene Diagnoseprogramme, von denen jedes auf einer anderen Ebene operiert.

10.8.1. Lokale Diagnose: netstat

Als erstes sei der Befehl netstat genannt (im Paket net-tools); er zeigt eine sofortige Zusammenfassung der Netzaktivitäten eines Rechners. Wenn er ohne Argument aufgerufen wird, listet der Befehl alle offenen Verbindungen auf; diese Liste kann sehr umfangreich sein, da sie viele Unix-Domain-Sockets (üblicherweise von Daemons verwendet) enthält, die in keiner Weise das Netzwerk betreffen (zum Beispiel dbus-Kommunikation, X11-Datenverkehr und Kommunikationen zwischen virtuellen Dateisystemen und der Arbeitsoberfläche).
Normale Aufrufe verwenden daher Optionen, um das Verhalten von netstat zu ändern. Die am häufigsten verwendeten Optionen sind:
  • -t, dies filtert die Ergebnisse, so dass nur TCP-Verbindungen erfasst werden;
  • -u, dies wirkt ähnlich für UDP-Verbindungen; diese Optionen schließen sich nicht gegenseitig aus, und jede von ihnen reicht aus, das Anzeigen von Unix-Domain-Verbindungen zu unterdrücken;
  • -a, um auch die Sockets aufzulisten, die Verbindungen annehmen (auf ankommende Verbindungen warten);
  • -n, um die Ergebnisse numerisch anzuzeigen: IP-Adressen (keine DNS-Auflösung), Portnummern (keine in /etc/services festgelegten Aliasse) und Benutzer-IDs (keine Anmeldenamen);
  • -p, um die beteiligten Prozesse aufzulisten; diese Option ist nur sinnvoll, wenn netstat mit Administratorrechten ausgeführt wird, da normale Benutzer nur ihre eigenen Prozesse sehen würden;
  • -c, um fortlaufend die Liste der Verbindungen aufzufrischen.
Andere Optionen, auf der Handbuchseite netstat(8) dokumentiert, bieten eine noch feinere Kontrolle über die angezeigten Ergebnisse. In der Praxis, werden die fünf ersten Optionen so häufig zusammen benutzt, dass der Befehl netstat -tupan für System- und Netzwerk-Administratoren praktisch zu einem Reflex geworden ist. Typische Ergebnisse auf einem geringfügig ausgelasteten Rechner können wie folgt aussehen:
# netstat -tupan
Active Internet connections (servers and established)
Proto Recv-Q Send-Q Local Address           Foreign Address         State       PID/Program name
tcp        0      0 0.0.0.0:111             0.0.0.0:*               LISTEN      397/rpcbind     
tcp        0      0 0.0.0.0:22              0.0.0.0:*               LISTEN      431/sshd        
tcp        0      0 0.0.0.0:36568           0.0.0.0:*               LISTEN      407/rpc.statd   
tcp        0      0 127.0.0.1:25            0.0.0.0:*               LISTEN      762/exim4       
tcp        0    272 192.168.1.242:22        192.168.1.129:44452     ESTABLISHED 1172/sshd: roland [
tcp6       0      0 :::111                  :::*                    LISTEN      397/rpcbind     
tcp6       0      0 :::22                   :::*                    LISTEN      431/sshd        
tcp6       0      0 ::1:25                  :::*                    LISTEN      762/exim4       
tcp6       0      0 :::35210                :::*                    LISTEN      407/rpc.statd   
udp        0      0 0.0.0.0:39376           0.0.0.0:*                           916/dhclient    
udp        0      0 0.0.0.0:996             0.0.0.0:*                           397/rpcbind     
udp        0      0 127.0.0.1:1007          0.0.0.0:*                           407/rpc.statd   
udp        0      0 0.0.0.0:68              0.0.0.0:*                           916/dhclient    
udp        0      0 0.0.0.0:48720           0.0.0.0:*                           451/avahi-daemon: r
udp        0      0 0.0.0.0:111             0.0.0.0:*                           397/rpcbind     
udp        0      0 192.168.1.242:123       0.0.0.0:*                           539/ntpd        
udp        0      0 127.0.0.1:123           0.0.0.0:*                           539/ntpd        
udp        0      0 0.0.0.0:123             0.0.0.0:*                           539/ntpd        
udp        0      0 0.0.0.0:5353            0.0.0.0:*                           451/avahi-daemon: r
udp        0      0 0.0.0.0:39172           0.0.0.0:*                           407/rpc.statd   
udp6       0      0 :::996                  :::*                                397/rpcbind     
udp6       0      0 :::34277                :::*                                407/rpc.statd   
udp6       0      0 :::54852                :::*                                916/dhclient    
udp6       0      0 :::111                  :::*                                397/rpcbind     
udp6       0      0 :::38007                :::*                                451/avahi-daemon: r
udp6       0      0 fe80::5054:ff:fe99::123 :::*                                539/ntpd        
udp6       0      0 2001:bc8:3a7e:210:a:123 :::*                                539/ntpd        
udp6       0      0 2001:bc8:3a7e:210:5:123 :::*                                539/ntpd        
udp6       0      0 ::1:123                 :::*                                539/ntpd        
udp6       0      0 :::123                  :::*                                539/ntpd        
udp6       0      0 :::5353                 :::*                                451/avahi-daemon: r
Wie erwartet führt dies die bestehenden Verbindungen auf, in diesem Fall zwei SSH-Verbindungen, und auf ankommende Verbindungen wartende Anwendungen (als LISTEN aufgeführt), insbesondere den Exim4 E-Mailserver, der an Port 25 auf Anfragen wartet.

10.8.2. Entfernte Diagnose: nmap

nmap (in dem Paket ähnlichen Namens) ist in gewisser Weise das entfernte Äquivalent zu netstat. Es kann eine Reihe "allgemein bekannter" Ports für einen oder mehrere entfernte Server scannen und die Ports auflisten, an denen eine Anwendung auf Anfragen wartet. Darüberhinaus kann nmap einige dieser Anwendungen identifizieren, manchmal sogar ihre Versionsnummer. Auf der anderen Seite kann dieses Programm, da es aus der Ferne operiert, keine Informationen über Prozesse oder Benutzer liefern; jedoch kann es an mehreren Zielen gleichzeitig tätig sein.
Ein typischer nmap-Aufruf verwendet nur die Option -A (so dass nmap versucht, die Versionen der Server-Software, die es findet, zu identifizieren), gefolgt von einer oder mehreren IP-Adressen oder DNS-Namen der zu scannenden Rechner. Auch hier gibt es viel mehr Optionen für eine fein eingestellte Kontrolle des Verhaltens von nmap; bitte ziehen Sie die Dokumentation auf der Handbuchseite nmap(1) zu Rate.
# nmap mirtuel

Starting Nmap 6.47 ( http://nmap.org ) at 2015-03-09 16:46 CET
Nmap scan report for mirtuel (192.168.1.242)
Host is up (0.000013s latency).
rDNS record for 192.168.1.242: mirtuel.internal.placard.fr.eu.org
Not shown: 998 closed ports
PORT    STATE SERVICE
22/tcp  open  ssh
111/tcp open  rpcbind

Nmap done: 1 IP address (1 host up) scanned in 2.41 seconds
# nmap -A localhost

Starting Nmap 6.47 ( http://nmap.org ) at 2015-03-09 16:46 CET
Nmap scan report for localhost (127.0.0.1)
Host is up (0.000013s latency).
Other addresses for localhost (not scanned): 127.0.0.1
Not shown: 997 closed ports
PORT    STATE SERVICE VERSION
22/tcp  open  ssh     OpenSSH 6.7p1 Debian 3 (protocol 2.0)
|_ssh-hostkey: ERROR: Script execution failed (use -d to debug)
25/tcp  open  smtp    Exim smtpd 4.84
| smtp-commands: mirtuel Hello localhost [127.0.0.1], SIZE 52428800, 8BITMIME, PIPELINING, HELP, 
|_ Commands supported: AUTH HELO EHLO MAIL RCPT DATA NOOP QUIT RSET HELP 
111/tcp open  rpcbind 2-4 (RPC #100000)
| rpcinfo: 
|   program version   port/proto  service
|   100000  2,3,4        111/tcp  rpcbind
|   100000  2,3,4        111/udp  rpcbind
|   100024  1          36568/tcp  status
|_  100024  1          39172/udp  status
Device type: general purpose
Running: Linux 3.X
OS CPE: cpe:/o:linux:linux_kernel:3
OS details: Linux 3.7 - 3.15
Network Distance: 0 hops
Service Info: Host: mirtuel; OS: Linux; CPE: cpe:/o:linux:linux_kernel

OS and Service detection performed. Please report any incorrect results at http://nmap.org/submit/ .
Nmap done: 1 IP address (1 host up) scanned in 11.54 seconds
Wie erwartet sind die SSH- und Exim4-Anwendungen aufgelistet. Beachten Sie, dass nicht alle Anwendungen an allen IP-Adressen auf Anfragen warten; da Exim4 nur auf der Loopback-Schnittstelle lo erreichbar ist, taucht es nur bei einer Analyse von localhost auf und nicht, wenn mirtuel gescannt wird (das als eth0-Schnittstelle auf demselben Rechners abgebildet wird).

10.8.3. Netzwerk-Sniffer: tcpdump und wireshark

Manchmal ist es erforderlich sich anzusehen, was tatsächlich auf dem Kabel vor sich geht, und zwar Paket für Paket. Diese Fälle verlangen nach einem "Frame-Analysator", besser bekannt als sniffer. Ein derartiges Programm beobachtet alle Pakete, die eine bestimmte Netzwerkschnittstelle erreichen und zeigt sie in einer benutzerfreundlichen Weise an.
Ein altehrwürdiges Werkzeug auf diesem Gebiet ist tcpdump, als Standardprogramm auf vielen Betriebssystemen verfügbar. Es ermöglicht, den Netzwerkverkehr auf viele Arten zu erfassen, jedoch bleibt die Wiedergabe dieses Verkehrs ziemlich unklar. Wir werden es daher nicht in allen Einzelheiten beschreiben.
Ein jüngeres (und moderneres) Programm, wireshark (im Paket wireshark), entwickelte sich aufgrund seiner zahlreichen Entschlüsselungsmodule, die eine vereinfachte Analyse der erfassten Pakete ermöglichen, zur neuen Referenz in der Netzverkehrsanalyse. Die Pakete werden grafisch in einer Gliederung angezeigt, die auf den Protokollschichten beruht. Dies ermöglicht es einem Benutzer, sich ein Bild von allen an einem Paket beteiligten Protokollen zu machen. Zum Beispiel gäbe es ein Paket, das eine HTTP-Anfrage enthält, dann zeigt wireshark getrennt die physikalische Schicht, die Ethernet-Schicht, die IP-Paketinformation, die TCP-Verbindungsparameter und schließlich die HTTP-Anfrage selbst an.
Der wireshark Netzverkehrsanalysator

Abbildung 10.1. Der wireshark Netzverkehrsanalysator

In unserem Beispiel werden die SSH-Pakete ausgefiltert (mit dem Filter !tcp.port == 22). Das gerade angezeigte Paket entstammt der HTTP-Schicht.